Die drei häufigsten Viren
bei Eltern
und wie du dich vor ihnen schützen kannst
Sind wir uns mal ehrlich: Elternsein ist manchmal doch so etwas wie ein Hochleistungssport. Du jonglierst Termine, wechselst von Elternsprechtag zu Kindergeburtstag, versuchst ein gesundes und schmackhaftes Essen zu zaubern, das dann wieder nur kritisch beäugt wird, kramst deine verstaubten Erinnerungen über binomische Formeln wieder heraus und versuchst nebenbei noch, einen Ratgeber über Pubertät zu lesen (äh als Hörbuch auf der Autofahrt zur Arbeit anzuhören, denn zum Lesen hast du sowieso keine Zeit mehr).
Klingt bekannt? Herzlichen Glückwunsch, du bist Teil einer großen Gemeinschaft! Und diese Gemeinschaft teilt sich oft unfreiwillig drei gefährliche „Viren“, die noch dazu hoch ansteckend sind – aber keine Sorge, wir beide machen diese Viren ab heute unschädlich.
Virus 1: Der Selbstoptimierungsvirus
Symptome
Du bemerkst ihn, wenn dein Tag von einer endlosen To-do-Liste bestimmt wird, die zu 90 % aus Dingen besteht, die du für andere tust. Gleichzeitig bist du auf einer Mission, alles perfekt zu machen: das gesunde Lunchpaket, die nachhaltig dekorierte Geburtstagsparty, der überraschende Ausflug ins Museum – alles dokumentiert in Instagram-würdigen Bildern.
Beispiel
Ein typisches Szenario könnte so aussehen: Es ist Sonntagabend. Du sitzt vor deinem Laptop und recherchierst, wie du deine Familie noch besser ernähren kannst. Paleo? Vegan? Oder doch diese grünen Smoothies? Am Ende der Woche bist du erschöpft, deine Kinder fanden die neuen Rezepte „eher grenzwertig“, und du hast vergessen, dass du eigentlich Zeit für dich einplanen wolltest.
Heilmittel
Erlaube dir, unperfekt zu sein! Wirklich. Setz dich hin, iss eine Pizza und schau mit deinen Kindern einen kitschigen Film. Dein Kind wird nicht daran scheitern, dass du einen Nachmittag nicht über den perfekten Ernährungsplan nachgedacht hast. Was Kinder wirklich psychisch stärkt, ist ein Elternteil, das sich selbst auch mal zurücklehnt und dann ganz entspannt Zeit mit dem Kind verbringt. Echte Quality-Time statt DasGehtAllesNochBesserFlut.
Womit wir bei Virus 2 angelangt sind. Vor dem solltest du dich in Acht nehmen, denn er grassiert gerne fast schon pandemisch. Sogar rein virtuelle WhatsApp-Elterngruppen erweisen sich manchmal als Brutstätte dieses gefährliche Virus:
Virus 2: Der Vergleichsvirus
Symptome
Dieser Virus kann immer und überall auftreten. Sogar virtuell, aber auch ganz klassisch analog. Bei manchen äußert er sich als ausgeprägtes Magengrummeln, manche haben einen Kloß im Hals und wieder anderen wird von Kopf bis Fuß schwindlig und übel. Sobald dein Kind etwas macht, blätterst du im gedanklichen Register: Wer hat das auch schon mal gemacht? Wie gut hat das das andere Kind gekonnt? Wie steht mein eigenes Kind im Vergleich da?
Oder auf dich bezogen: Du siehst / hörst, wie eine andere Mutter / ein anderer Vater etwas gemacht hat. Sofort kommt der Vergleich: wie ist das bei uns? Kann ich das auch so oder scheitere ich sobald ich es nur versuche? Wie stehe ich im Vergleich zu anderen Eltern da?
Beispiel
Du scrollst durch deinen Feed und siehst, wie andere Eltern scheinbar entspannte und glückliche Bilder vom gemeinsamen Ausflug am Wochenende schicken. Sofort weißt du: Das Bild würde bei dir nie entstehen: Dein jüngstes Kind krabbelt ums Eck bevor du dein Handy aus der Tasche holst, der mittlere nutzt die Gelegenheit, um sich nochmal 5 Gummibärchen auf einmal in den Mund zu stopfen und die ältere Schwester kommt mit theatralischer Miene und großen Krokodilstränen auf dich zugerannt „Maaammaa, der … hat mir wieder…“. Wann bitte schön sollst du solche Fotos schießen?
Aber auch ganz ohne virtuellen Vergleich kann dieser Virus auftreten: Deine Tochter kommt mit einer ordentlichen 3 nach Hause. Schon rutscht dir die Frage raus: „Und was hat die Amelie für eine Note?“ Eine 1. So ein Mist. Haben wir etwa zu wenig gelernt? Hätte ich mehr nachfragen sollen? So kann das doch nicht weitergehen.
Heilmittel
Zieh dich bewusst aus dem Vergleichsrennen zurück. Vergleiche mit anderen Familien bringen dich nicht weiter. Wenn du schon vergleichen willst, dann bitte mit sich selbst: Gestern habe ich sofort rumgeschrien, als mein Kind den Kakao verschüttet hat; heute habe ich es geschafft, ruhig zu bleiben und meinen Sohn zur Rede zu stellen, nachdem er mit den Gummistiefeln über den Wohnzimmerteppich spazierte, um mir den Regenwurm zu zeigen. Das ist ein echter Fortschritt!
Oder dein Kind hatte beim letzten Mal mit viel Glück (mangels Lerneifer) eine Vier bekommen und diesmal hat es wieder eine Vier, aber du weißt, dass es sich vorher hingesetzt und geackert hat. Auch das ist ein echter Fortschritt!
Virus 3: Der Glücklichkeitsvirus
Symptome
Der Glücklichkeitsvirus flößt dir ein, dass dein Kind jederzeit glücklich und zufrieden sein muss. Keine Tränen, kein Frust, keine Langeweile, keine Angst, keine Aggression, kein… – du bist schließlich dafür da, alle Probleme aus dem Weg zu räumen.
Beispiel
Du erkennst den Glücklichkeitsvirus daran, dass du dich dabei ertappst, wie du „mal eben“ ein Bastelprojekt vorbereitest, weil dein Kind sagte, es sei „langweilig“. Oder wie du extra nach einer alternativen Freizeitaktivität suchst, weil das geplante Kino ausfällt und dein Kind sonst traurig wäre. Am Ende bist du völlig erschöpft, während dein Kind unbewusst lernt, dass Frustration ein Zustand ist, der sofort behoben werden muss.
Heilmittel
Erlaube dir, deinem Kind auch mal negative Gefühle zuzugestehen. Langeweile und Frustration sind wichtige Lernfelder, die Kinder psychisch stärken. Sag stattdessen: „Ich weiß, dass das gerade schwierig ist, aber ich vertraue dir, dass du einen Weg findest.“ Und wenn das Bastelprojekt doch mal scheitert? Dann seid ihr beide um eine Erfahrung reicher.
Dein Schutzschild gegen die Eltern-Viren
Diese drei Viren kommen nicht nur in den besten Familien vor – sie sind auch ziemlich hartnäckig. Aber mit ein wenig Selbstreflexion und der Bereitschaft, alte Muster zu ändern, kannst du dich schützen. Das Beste daran? Du bist nicht allein auf diesem Weg.
In der Elternakademie lernst du im Kurs ElternBalance, wie du dein Kind psychisch stärkst, indem du aus dem Hamsterrad der Selbstoptimierung, des Vergleichens und des Überperfektionismus aussteigst. Entdecke, wie du entspannter und authentischer durch den Familienalltag navigierst und dabei deinem Kind den Raum gibst, den es braucht, um zu wachsen.
Melde dich jetzt an und stärke nicht nur dein Kind, sondern auch dich selbst!
spitze geschrieben –
Durch die lebhaften Beispiele so lebendig und nachvollziehbar – leider mich selbst ein paar mal ertappt 😉