Vom Umgang mit
Depressionen bei Kindern und Jugendlichen
Studien zeigen: 9 % der Kinder und Jugendlichen
leiden unter Depressionen.
Geht es dir auch so?
Jonas war 13 Jahre alt.
Er kam jeden Morgen nur schwer aus dem Bett;
mit seinen Freunden hatte er schon lange nichts mehr unternommen.
Nichts schien ihn noch zu interessieren.
Außer zocken vielleicht.
Aber selbst Spiele, die ihm vor kurzem noch Spaß machten,
lösten in ihm nichts mehr aus.
Die Gefühle in ihm waren wie abgestorben.
Keine Freude, keine Traurigkeit, nichts - manchmal vielleicht Wut.
Wut auf die Welt,
Wut auf die Schule,
Wut auf seine Eltern,
aber vor allem Wut auf sich selbst:
Ich bin eine Lusche, ein Versager, ich krieg doch eh nichts auf die Reihe.
Sabine und Jürgen, seine Eltern waren verzweifelt. Was sollten sie machen?
War das die Pubertät?
War das noch ihr Sohn?
Oder war das eine Krankheit? War etwa ihr Kind depressiv?
Es war nicht mehr zum Aushalten.
Irgendetwas war mit ihm passiert, sie hatten den Bezug zu ihrem Sohn verloren.
Kennst du das auch so ähnlich bei dir und deinem Kind?
Dann wird es Zeit, genauer hinzuschauen,
ob dein Kind depressiv ist.
Normales Seelentief
oder Depression?
Dabei ist es im ersten Schritt wichtig, sich Gedanken zu machen, ob es sich um Seelentief handelt, das ganz normal zum Leben dazu gehört - vielleicht als Reaktion auf einen Verlust, eine Veränderung, eine Erkenntnis oder ob es sich zu einer Depression entwickelt hat.
Ein Seelentief, eine depressive Verstimmung, ist meistens nach einer,
vielleicht zwei Wochen wieder vorbei und derjenige findet wieder zurück ins Leben.
Ganz anders ist es bei Depressionen.
Depressionen sind Erkrankungen, die das gesamte Denken, Fühlen und Handeln betreffen.
Erkrankungen - egal ob im medizinischen oder psychischen Bereich - brauchen oft eine Behandlung.
Kind depressiv -
Was kannst du selbst tun?
Aber auch du als Mutter, du als Vater kannst etwas unternehmen.
Denn:
Depressionen sind Warnsignale.
Vor allem sind sie ein Warnsignal für das Umfeld, denn betroffene Kinder und Jugendliche neigen dazu, ihren Gemütszustand lieber nicht wahrhaben zu wollen und stattdessen zu verdrängen. Deswegen ist es wichtig, dass das Umfeld eben nicht mit verdrängt, sondern realistisch sieht, wie es dem Betroffenen geht.
Depressionen sind Warnsignale, dass gerade etwas aus dem Gleichgewicht gekommen ist, dass der Betroffene seinen Schwung verloren hat, den er oder sie braucht, um zu LEBEN.
Jetzt passiert häufig völlig automatisch etwas, das leider nicht zum Erfolg führt:
Wenn einer in der Familie depressiv ist, also innerlich unlebendig, dann versuchen andere als Gegenreaktion ihm genau dieses Leben und diese Lebendigkeit wieder zurückzugeben. Sie versuchen, ihn zu aktivieren, ihn zum Lachen zu bringen und bemühen sich ganz stark um die betroffene Person. Das hilft vielleicht an manchen Tagen, aber nicht durchgängig. Denn das betroffene Kind kann sich in der Folge sogar noch schlechter oder schuldig fühlen.
Es ist einerseits etwas Wunderbares, wenn sich alle um das Kind/ die Jugendliche bemühen, aber es ist auch etwas Furchtbares, denn der Betroffene will ja gerade nicht, dass die anderen in irgendeiner Form durch die eigene negative Stimmung mit beeinflusst werden. In der Folge fühlen sie sich schuldig, da die anderen sich nach ihnen richten - und sei es, um sie aufzuheitern.
Dabei ist wichtig, dass du weißt:
Depressionen sind aktive Reaktionen oder aktive Verarbeitungen.
Das Augenscheinlichste bei Depressionen: Der Person geht es schlecht, sie leidet.
Leiden ist passiv.
Längere Therapien zeigen aber immer ein anderes Bild:
Der depressive Zustand ist gar nicht so passiv, wie gedacht, sondern eine AKTIVE Verarbeitung, eine AKTIVE Reaktion auf Konflikte oder Belastungen.
Natürlich sind Motivationslosigkeit, innere Leere und all die anderen Symptome in der Depression etwas Unlustvolles und Schmerzliches. Aber sie sind fast ausnahmslos ein aktiver Vorgang.
Die Betroffene erniedrigt ihren Selbstwert selbst, sie fokussiert sich selbst auf die Schwierigkeiten statt auf die Chancen.
Depression ist häufig ein Schutzmechanismus, eine Rückzugs-Strategie.
Welches ist der erste Schritt?
Was ist nun der wichtigste erste Schritt, wenn dein Kind depressiv ist?
Akzeptiere, was ist.
Depressionen sind eine Krankheit.
Die Frage nach der "Schuld", nach einem Verantwortlichen für die Depression ist oft zermürbend und führt zu nichts.
Eine Depression ist eine aktive Form der Verarbeitung.
Weder Selbstvorwürfe noch Anklagen helfen weiter.
Akzeptiere, was ist - das gilt für dich genauso wie für dein Kind.
Wenn die Tatsache "Depression" anerkannt werden kann, dann kann sich die Depression selbst auch verändern.
Wichtig: Dein Kind IST NICHT die Krankheit. Dein Kind ist immer noch HINTER der Depression zu finden.
Akzeptiere, dass gerade im Leben deines Kindes eine Depression vorhanden ist. Wenn du das akzeptieren kannst, kannst du rauskommen aus dem Kreislauf von Aufmuntern-Lebendig-Machen-Wollen-Und-Doch-Wieder-Scheitern.
Was will die Depression?
Wobei will sie deinem Kind helfen?
Auf welche Erfahrung im Leben,
auf welches Bild über sich selbst,
auf welche Gedanken reagiert dein Kind mit depressiven Verhaltensweisen?
Das sind die entscheidenden Fragen, die aus der Depression helfen können.
Herzliche Grüße
Dein Stefan Hetterich